Dialektik des zweckrationalen Handelns

Johannes Rohbeck
1993

Einleitung – (1) Aufklärung über Technik;
Einleitung – (2) Eine verborgene Tradition und Technische Rationalität;
Ziel und Weg als ethisches Problem [1], [2];
Vom Aufstieg und Fall der technischen Vernunft [1], [2], [3], [4], [5].

Erst seit den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts kommt eine Erfahrung zum Ausdruck, die ich mit Dynamik technischer Mittel bezeichnet habe. Die literarische Bewältigung dieses Phänomens breitet sich derart rasant aus, daß durchaus von einem Topos dieser Periode geredet werden kann. Er besteht in der erwähnten Grundüberzeugung, daß nicht mehr die Menschen Herren über die von ihnen geschaffene Technik seien, sondern inzwischen von ihren eigenen Machwerken beherrscht werden. Und es ist interessant zu beobachten, wie sich diese Auffassung in ganz gegensätzlichen politischen Lagern finden läßt: von der konservativen Kritik des modernen Zeitalters bis zur kritischen Theorie der Gesellschaft.

Oswald Spengler

Oswald Spengler beispielsweise, der die Technik aus einem Machtstreben und aus einem Willen zur Herrschaft über die Natur herzuleiten versucht, kommt zu dem Ergebnis:

„Die Schöpfung erhebt sich gegen den Schöpfer: Wie einst der Mikrokosmos Mensch gegen die Natur, so empört sich jetzt der Makrokosmos Maschine gegen den nordischen Menschen. Der Herr der Welt wird zum Sklaven der Maschine.“1

Hans Freyer

Auch Hans Freyer stellt sich die Frage,

„wie ein System von bloßen Mitteln derart schicksalbestimmend, menschenverwandelnd, geschichtsbildend wirken kann“.2

Fried-rich Georg Jünger

Zu den schärfsten Kritikern der modernen Technik gehört wohl Friedrich Georg Jünger, der ebenfalls in der Maschine nichts anderes als den Raubbau sowohl an der Erde als am Menschen selbst zu erkennen glaubt. Durch den Automatismus werde der Mensch von den Automaten abhängig. Denn es verstehe sich,

„daß der Automatismus, der vom Menschen beherrscht und bedient wird, Rückwirkungen auf den Menschen ausübt. Die Macht, die er durch ihn gewinnt, gewinnt ihrerseits Macht über ihn“.3

Helmut Schelsky

Später schließt sich etwa Helmut Schelsky dieser Argumentation an, indem er konstatiert,

„daß dem Menschen eine Sachgesetzlichkeit, die er selbst in die Welt gesetzt hat, nun als soziale, als seelische Forderung entgegentritt“.

Daraus zieht er die Konsequenz:

„Der Mensch löst sich vom Naturzwang ab, um sich seinem eigenen Produktionszwang wiederum zu unterwerfen.“4

Während nun die Autoren dieser Epoche der Auffassung waren, einer völlig neuen Erscheinung auf der Spur zu sein, d. h. eine Eigenart der Technik entdeckt zu haben, die bisher noch nicht zutage getreten bzw. der Technik sogar wesensfremd sei, habe ich in meinen bisherigen Untersuchungen nachzuweisen versucht, daß Philosophen schon immer eine Ahnung davon hatten, technisches Handeln verlaufe in Brechungen, woran nicht zuletzt die Mittel beteiligt seien. Zwar dominiert in den philosophischen Systemen die Zweckperspektive eines Subjekts, das seine Ziele frei bestimmt und sich nur noch entsprechender Mittel zu bedienen braucht, die konkreten Durchführungen dieses Programms offenbarten jedoch, daß sich die gegenläufige Tendenz zumindest nicht leugnen läßt.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Folgt man dieser Entwicklung, dann sind die Weichen für sehr unterschiedliche Reaktionen gestellt. In der Tradition Hegels ist hinter die Anerkennung einer besonderen Potenz der Mittel kaum zurückzugehen, ohne daß die Geschichtsteleologie akzeptiert werden muß. Freilich drohen die verselbständigten technischen und ökonomischen Mittel mangels leitender Vernunft ihr Unwesen zu treiben. Wenn man unterstellt, daß dieser blind gewordene Fortschritt in den kollektiven Wahnsinn führt, kann – in Umkehrung der Hegelschen Denkfigur – von einer negativen Teleologie gesprochen werden.

Theodor W. Adorno
Max Hork-heimer
Hannah Arendt
Günther Anders

Diesen Weg gingen Horkheimer und Adorno in ihrer „Dialektik der Aufklärung„. Da ihrer Auffassung nach die Idee eines zwecksetzenden und -realisierenden Individuums längst zu einer antiquierten Illusion geworden ist, scheint sich die Lebenswelt der Menschen in eine „Welt von Mitteln“ zu transformieren. Besonders radikal wurde diese Horrorvision von Hannah Arendt und Günther Anders formuliert. Die Rede ist nun von der „Autonomie der Maschinen“ oder vom „System der Geräte“. Während des zweiten Weltkrieges gingen sie von Phänomenen aus, die sich für sie zu einem Bild totaler Herrschaft verdichteten: von den Schrecken der gegensätzlichen Gesellschaftssysteme Faschismus und Stalinismus, von der gemeinsamen Erfahrung im amerikanischen Exil, die demonstrierte, wie tendenziell alle Lebensbereiche industrialisiert und kommerzialisiert wurden, und schließlich von der dort entstandenen Philosophie des Pragmatismus. der diese Tendenz vorbehaltlos zu legitimieren schien.5

I. In einer Welt von Mitteln
(Max Weber, Max Horkheimer)

Paradigmatisch für eine kritische Analyse dieser Art technischer Rationalität dürfte Max Horkheimers „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft„[Bd. 6]6a sein. Bereits im Ursprung der zweckrationalen Vernunft ist demnach ein verborgenes Moment der Selbstvernichtung angelegt, das im Laufe der historischen Entwicklung zwangsläufig ins Gegenteil umschlägt. Die subjektiven Zwecke können ihre Vorrangstellung nicht behaupten, weil sie von der geheimen Macht der Mittel so überwältigt werden, daß sich Zweck und Mittel am Ende verkehren. An die Stelle der Zweckdominanz tritt die Herrschaft technischer und ökonomischer Mittel. Dadurch verliert die Vernunft ihre ursprüngliche Kompetenz, Zwecke zu setzen, und wird derart auf die reine Mittelwahl reduziert, daß sie selbst zu einem bloßen Instrument degeneriert – eben zur instrumentellen Vernunft:

„Das Individuum faßte einmal die Vernunft ausschließlich als ein Instrument des Selbst Jetzt erfährt es die Kehrseite seiner Selbstvergottung. Die Maschine hat den Piloten abgeworfen; sie rast blind in den Raum. Im Augenblick ihrer Vollendung ist die Vernunft irrational und dumm geworden.“6

Der Begriff der instrumentellen Vernunft erhält also einen doppelten Sinn, den es noch genauer zu erläutern gilt. Er bezeichnet eine Vernunft, die ihre Aufgabe darin sieht, nach den adäquaten Mitteln für vorausgesetzte Zwecke zu suchen; und er bezeichnet zugleich eine Vernunft, die dadurch selbst zu einem (bloßen) Mittel wird.

Allerdings kommt diese Grundüberzeugung nicht immer deutlich zum Ausdruck. Hier ist an die in der Einleitung erwähnte Beobachtung zu erinnern, daß derartige Beschreibungen argumentativ und terminologisch eher verdeckt bleiben. Zunächst werden die Begriffe zweckrational und instrumentell durchaus synonym verwendet: Gemeint ist der teleologische Handlungstyp, demzufolge ein bestimmter Zweck mit Hilfe angemessener Mittel realisiert wird. Eine solche Handlung ist also – je nach Gesichtspunkt – sowohl zweckrational, weil ihr eine Zwecksetzung vorausgeht, als auch instrumentell, weil zur Verwirklichung Mittel erforderlich sind. Aber unter der Hand verwandelt sich dieser synonyme Sprachgebrauch in einen Gegensatz zwischen Zweckrationalität und instrumenteller Vernunft, der ein verändertes Dominanzverhältnis bedeutet. Wurden die Mittel zuvor von den Zwecken geleitet, gewinnen die Mittel nun die Hegemonie über die Zwecke, deren ursprüngliche Autonomie damit erstickt wird. Im folgenden soll versucht werden, die meist nur implizite Dialektik des zweckrationalen Handelns freizulegen.

Umschlag von Zweckrationalität
in Instrumentalität

Max Weber (1918)

Es überrascht zunächst, daß im (ersten) programmatischen Kapitel „Mittel und Zwecke“ der Begriff der instrumentellen Vernunft in dieser Form gar nicht auftaucht. Vielmehr ist davon die Rede, die Vernunft sei im Laufe ihrer Geschichte „zu einem Instrument geworden“ oder habe „sich selbst instrumentalisiert“.7 Die Betonung des Prozeßcharakters unterstellt, daß die menschliche Vernunft ursprünglich einen anderen Charakter getragen habe und noch ihrer Zwecke mächtig gewesen sei. Damit orientiert sich Horkheimer ganz offensichtlich am Modell des zweckrationalen Handelns von Max Weber.8

Bekanntlich unterscheidet Weber im Bereich praktischer Rationalität zwischen vier unterschiedlichen Handlungstypen:

„1. zweckrational: durch Erwartungen des Verhaltens von Gegenständen der Außenwelt und von anderen Menschen und unter Benutzung dieser Erwartungen als ‚Bedingungen‘ oder ‚Mittel‘ für rational, als Erfolg, erstrebte und abgewogene eigene Zwecke, – 2. wertrational: durch bewußten Glauben an den – ethischen, ästhetischen, religiösen oder wie immer sonst zu deutenden – unbedingten Eigenwert eines bestimmten Sichverhaltens rein als solchen und unabhängig vom Erfolg, – 3. affektuell, insbesondere emotional: durch aktuelle Affekte und Gefühlslagen, – 4. traditionell: durch eingelebte Gewohnheit.“9

Weber hebt hervor, daß mit dieser Klassifikation nur Idealtypen sozialen Handelns gemeint sind; konkrete Handlungen kommen also immer nur als „Mischformen“ von Handlungstypen vor. Ausdrücklich gilt die „absolute Zweckrationalität“ bloß als „konstruktiver Grenzfall“.

Im Hinblick auf Horkheimer ist jedoch nicht Webers Handlungstypologie im ganzen relevant, sondern nur das zweckrational und wertrational orientierte Handeln, das explizit als rational bestimmt wird. Unter wertrationalem Handeln versteht Weber eine bestimmte ethischnormative Orientierung.

Rein wertrational handelt, wer ohne Rücksicht auf die vorauszusehenden Folgen handelt im Dienste seiner Überzeugung von dem, was Pflicht, Würde, Schönheit, religiöse Weisung, Pietät oder die Wichtigkeit einer ‚Sache‘, gleich welcher Art, ihm zu gebieten scheinen. Stets ist (im Sinne unserer Terminologie) wertrationales Handeln ein Handeln nach ‚Geboten‘ oder gemäß ‚Forderungen‘, die der Handelnde an sich gestellt glaubt.“10

Wenn ein Mensch jedoch zweckrational handelt, spielen die zu erwartenden Folgen die entscheidende Rolle. Zweckrationales Handeln bedeutet also, sich nicht nur nach Werten zu verhalten, sondern die eigenen Wertvorstellungen zweckgerichtet zu realisieren.

„Zweckrational handelt, wer sein Handeln nach Zweck, Mitteln und Nebenfolgen orientiert und dabei sowohl die Mittel gegen die Zwecke, wie die Zwecke gegen die Nebenfolgen, wie endlich auch die verschiedenen möglichen Zwecke gegeneinander rational abwägt: also jedenfalls weder affektuell (und insbesondere nicht emotional), noch traditional handelt. Die Entscheidung zwischen konkurrierenden und kollidierenden Zwecken und Folgen kann ihrerseits wertrational orientiert sein: dann ist das Handeln nur in seinen Mitteln zweckrational.“11

Aufschlußreich ist an diesen Begriffsbestimmungen, daß sich wertrationales und zweckrationales Handeln keineswegs gegenseitig ausschließen, sondern in sehr verschiedenartige, sich einander ergänzende Beziehungen treten. Offenkundig verbindet diese beiden Handlungstypen mehr Gemeinsamkeiten, als die anfänglichen Definitionen erwarten lassen. Sie greifen so ineinander, daß in das zweckrationale Handeln durchaus wertrationale Orientierungen eingehen. Zweckrationales Handeln kann daher als solches zugleich auch wertrational sein, sofern mehrere zur Auswahl stehende Zwecke nach Wertgesichtspunkten abgewogen werden.

Aus der zuletzt zitierten Passage geht noch ein weiterer Aspekt des zweckrationalen Handelns hervor, der den Bezug zur Realität herstellt und den beabsichtigten Erfolg garantiert: die Abwägung der zur Verfügung stehenden Mittel. Die Wahl der Mittel spielt bei diesem Handlungstyp denn auch eine entscheidende Rolle, da sich zweckrationales handeln vor allem durch rationale Verwendung von Mitteln auszeichnet und dadurch ihre besondere Art Rationalität erhält. Es handelt sich um das Gebiet „rationaler Technik“, das Weber sehr allgemein umreißt. Demzufolge bezieht sich Technik nicht nur auf Naturbearbeitung, sondern auch auf soziale Bereiche wie Wirtschaft und Politik, d. h. eben auch auf sogenannte Sozialtechniken.12

Natürlich gewinnt dieser Handlungstyp durch den rationalen Einsatz von Mitteln seine Spezifizierung, da nur solches Handeln wirklich als zweckrational bezeichnet werden kann, das sich entsprechender Mittel bedient. Ferner erweckt die Ausführlichkeit, mit der sich Weber gerade diesem technischen Aspekt widmet, den Anschein, als ob zweckrationales Handeln ausschließlich in solcher instrumentellen Rationalität begründet sei. Schließlich besteht bei Weber durchaus die Tendenz, in dieser Art Instrumentalität die vorherrschende und damit letztlich einzige Form neuzeitlicher Rationalität zu sehen. Doch nach den oben zitierten Begriffsbestimmungen ist genau diese Schlußfolgerung, die vielleicht durch die konkreten Durchführungen nahegelegt wird, noch ungerechtfertigt. Denn die zitierten Definitionen zeigten, daß der Handlungstyp des zweckrationalen Handelns ganz wesentlich zwei Komponenten enthält: erstens die rationale Zwecksetzung, die auch als Wahlrationalität oder Zweckrationalität im engeren Sinn definiert wird: und zweitens die rationale Mittelverwendung, die man entsprechend auch als Instrumentalität bezeichnen kann. Zweckrationales Handeln besteht also bei Weber weder aus reiner Zweckrationalität noch aus reiner Instrumentalität, sondern bildet eine Einheit von Zweck- und Mittelwahl, d. h. von zweckorientiertem und instrumentellem Handeln.

Horkheimer knüpft, wie erwähnt, zunächst an der Weberschen Handlungstypologie an, nimmt aber zugleich folgenreiche Änderungen vor. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß Horkheimer seine Vorlage nicht etwa willkürlich uminterpretiert oder einfach nur mißversteht; vielmehr läßt sich die „Kritik der Instrumentellen Vernunft“ auch so lesen, daß sie gewissen Tendenzen folgt, die bei Weber bereit sichtbar wurden: Horkheimer legt das zweckrationale Handeln als einzigen Handlungstyp der Neuzeit zugrunde. Und er schränkt diesen Handlungstyp so ein, daß die Zwecksetzung ausgegrenzt wird und statt dessen allein die Mittelwahl übrig bleibt. Zweckrationales Handeln heißt jetzt nur noch Mittelrationalität bei wie immer gegebenen Zwecken, die selber nicht mehr wertrational bestimmt und beurteilt werden. Indem Horkheimer auf diese Weise die Zweckrationalität auf Instrumentalität reduziert, ebnet er die begrifflichen Differenzierungen Webers so ein, daß der Aspekt der Zielbestimmung verlorengeht.

Es hat nicht an Versuchen gefehlt, Horkheimers Terminologie zu begradigen und wieder auf den Stand von Max Weber zu bringen. Zweckrationales und wertrationales Handeln seien so miteinander verwoben, lautet der Einwand, daß sich nicht etwa Zweckrationalität und Wertrationalität gegenüberstehen, sondern daß Zweck- und Wertrationalität auf der einen Seite und instrumentelle Rationalität auf der anderen Seite die eigentlichen Kontrahenten bilden.13

Allerdings wird diese Flurbereinigung der Problemstellung Horkheimers nicht gerecht. Denn sie vermag nicht verständlich zu machen, aus welchen Gründen Horkheimer einerseits Zweckrationalität mit instrumenteller Vernunft identisch setzt und warum er andererseits zwischen ihnen einen Gegensatz behauptet. Um diesen Widerspruch zu klären, möchte ich untersuchen, was sich innerhalb desselben Handlungstyps die Bedeutungen so verschieben, daß die Zweckrationalität in ihr Gegenteil der Instrumentalität umschlagen kann. Genau darin sehe ich das entscheidende Problem, das ich mir in den folgenden Ausführungen stelle. Es geht mir um die sachlichen Grundlagen dieses Umschlags. Dazu unterscheide ich zwischen drei sich jeweils verschiebenden Bedeutungsschichten der instrumentellen Vernunft, die sich aus Horkheimers Texten herauslesen lassen: erstens eine instrumentelle Vernunft als Synonym des zweckrationalen Handelns bei gleichzeitigem Verlust der Zwecksetzung; zweitens eine instrumentelle Vernunft, durch die sich Zweck und Mittel so verkehren, daß die Mittel am Ende dominieren; und drittens eine instrumentelle Vernunft, die mit dem Modell des zweckrationalen Handelns bricht, indem sie eine Verselbständigung der Mittel repräsentiert. Meine These ist nun, daß die dritte Bedeutung der instrumentellen Vernunft den Schlüssel für das Verständnis der beiden vorhergehenden Stufen bildet; sie fungiert von Anfang an wie ein im verborgenen wirkendes Argument.14

Instrumentelle Vernunft
Verlust der Zwecksetzung

Auf einer ersten Ebene versteht Horkheimer die instrumentelle Vernunft nicht anders als zweckrational:

„Vernunft (erweist sich) als die Fähigkeit, (…)einem gegebenen Zweck die richtigen Mittel zuzuordnen.“15

Der wie immer geartete Zweck hat den Vorrang und bestimmt die Auswahl der Mittel. Die Zuordnung erfolgt von den Zwecken zu den Mitteln, deren Herstellung und Gebrauch sich daran orientiert, ob sie den Zwecken angemessen sind. Die von der Vernunft bereitgestellten Mittel haben allein die Aufgabe, den vorausgesetzten Zweck optimal zu realisieren. Darin besteht ihre „Zweckmäßigkeit“; ihre Funktion erschöpft sich daher in der Telosrealisation.16

In unserem Zusammenhang ist wichtig, daß diese teleologische Hierarchie von Zweck und Mittel beibehalten wird, obwohl Horkheimers instrumentelle Vernunft die Wahl der Zwecke längst aufgegeben hat und es nur noch mit vorgegebenen Zwecken zu tun hat. Auch wenn Horkheimer die Webersche Komponente der Zweckwahl stillschweigend eliminiert, bleibt doch das allgemeinste Merkmal zweckrationalen Handelns bestehen. Die Vernunft wird zwar ihrer Kompetenz der Zwecksetzung beraubt, aber zweckrationales Handeln kann – unter der genannten Minimalbedingung – immer noch heißen: Die Mittel werden überhaupt nach Maßgabe eines Zwecks ausgewählt und angewendet. So paradox es klingen mag, gerade der Begriff der instrumentellen Vernunft signalisiert zunächst die Dominanz des Zwecks über das Mittel und bewahrt damit prinzipiell die Zweckperspektive.

Die Dominanz des Zwecks bestätigt sich noch einmal in Horkheimers Versuch, die Reduktion der Zweckrationalität auf Mittelrationalisierung mit dem Wandel der Zweckbestimmung selbst zu begründen. Indem die „objektive Vernunft“, die seit der Antike das gemeinsame Ziel des gesellschaftlich Allgemeinen festzusetzen imstande war, in der Neuzeit zur „subjektiven Vernunft“ im Dienste eines individuellen Selbsterhaltungszwecks degenerierte, verlor sie eben jene Zwecksetzungskompetenz, ohne die sie zwangsläufig auf die bloße Mittelwahl reduziert bleibt.17 Horkheimer betont, daß gerade auch diese Beschränkung in der werthaft vermittelten Zweckwahl angelegt ist. Das Problem der Instrumentalität wird also vom Begriff der „subjektiven Vernunft“ her konstruiert, die eine bestimmte Art und Weise der Zweckrationalität enthält.

Jean-Jacques Rousseau
Thomas Hobbes
John Locke
David Hume

In dieser Argumentation stecken mehrere Implikationen. Horkheimer beschreibt zunächst den historischen Prozeß der Entstehung des Privatinteresses in der beginnenden Neuzeit. Der Terminus „subjektive Vernunft“ ist hier in dem Sinne zu verstehen, wie die Anspielungen auf Locke, Hume und Rousseau belegen, daß die Vernunft seit Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft subjektiv-individuellen, d.h. privaten Zwecken dient. Dieses bürgerliche Privatinteresse wird von Horkheimer als Handlungsmotiv der Selbsterhaltung bezeichnet. Auch wenn er sich dabei ebenfalls auf Aufklärer wie Hobbes berufen kann, so darf dieser eher naturhaft-biologisch klingende Begriff nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich gerade nach Horkheimers Darstellung um ein ganz bestimmtes, gesellschaftlich geformtes Interesse handelt.

Aus dieser Konstellation zieht Horkheimer zwei – wie ich meine – problematische Konsequenzen. Erstens behauptet er, die Etablierung des bürgerlichen Privatinteresses führe dazu, daß die Handlungsmotive der Menschen auf einen einzigen Zweck, eben auf den der Selbsterhaltung reduziert werden. Wie Horkheimer in „Vernunft und Selbsterhaltung“ darlegt, sei die früher existierende Vielzahl der Zwecke seit der Neuzeit nur noch Illusion oder bloße Ideologie, während in Wahrheit nur noch ein einziger Antrieb herrsche, nämlich die Selbsterhaltung als Selbstinteresse oder Machtwille.18 Dahinter scheint mir die Einschätzung zu stehen, daß der Egoismus alle anderen Interessen, insbesondere das Interesse für das Allgemeinwohl, an die Seite dränge.

Die zweite Konsequenz, die Horkheimer aus der Genese des bürgerlichen Privatinteresses zieht, besagt, daß die Reduktion der vielen Handlungsmotive auf das nun einzige Motiv der Selbsterhaltung der Vernunft gar keine Wahlmöglichkeit mehr bietet. Daraus folgt wiederum, daß die Selbsterhaltung als Zweck gar keiner rationalen Reflexion mehr zugänglich ist. Früher, so argumentiert Horkheimer – und zu ergänzen ist: als es noch eine Vielzahl möglicher Zwecke gab -, richtete sich die Vernunft „mehr“ auf die Zwecke als die Mittel; „sie wurde als das Instrument betrachtet, die Zwecke zu verstehen, sie zu bestimmen.“19 Es ist also die Reduktion des Zwecks, die eine rationale Bestimmung ausschließt.

Hinter dieser Bestimmung verbirgt sich letztlich die an der Antike oder an der Philosophie des Deutschen Idealismus orientierte Überzeugung, daß die Vernunft als Sachwalterin des Allgemeinen nur das gesellschaftlich Allgemeine, wie es sich in der antiken Polis oder in Hegels Staatsidee konzipiert ist, zu ihrem Gegenstand haben kann, während das Allgemeinwohl in der bürgerlichen Gesellschaf nur aus der Summe ihrer Einzelinteressen bestehe und daher keine eigene Qualität besitze.20 Unter dieser impliziten Voraussetzung schließt das bürgerliche Privatinteresse eine rationale Bestimmung kategorisch aus.

In diesen Argumentationsstücken zeigt sich, daß die Transformation der zweckrationalen Vernunft von der zwecksetzenden zur bloß instrumentellen Vernunft ihren Ursprung in einer Metamorphose des Zwecks hat. Indem sich die Art des Zwecks wandelt und vom Allgemeininteresse zum Privatinteresse übergeht, ändert sich das Verhältnis zum Mittel Vernunft. Dient die Vernunft zunächst als „Instrument“ zur Setzung entsprechend rationaler Zwecke, beschränkt sie sich später auf die Suche nach Mitteln für einen vorausgesetzten Zweck. Aber nicht dieser Mittelcharakter der Vernunft und auch nicht die durch die Vernunft bereitgestellten Mittel zwingen zu dieser Einschränkung, sondern allein die Herausbildung des Selbsterhaltungs-Zwecks. Dieser Zweck scheint die Vernunft aus ihrem angestammten Bereich der Zwecksetzung zu verdrängen und auf die Mittelwahl einzuschränken. Es ist also dieser Zweck, der den Charakter der Vernunft verändert. Er scheint sich eine entsprechend neue Mittel-Vernunft zu schaffen, damit er sich um so effizienter zu realisieren vermag. Darin bestätigt sich der Primat des Zwecks.

Die Begründungsversuche mögen zwar eine gewisse Plausibilität besitzen, sind jedoch meines Erachtens so nicht haltbar. Es ist nicht einzusehen, warum das bürgerliche Privatinteresse zu einem blinden und sinnlosen Selbsterhaltungstrieb degeneriert. Diese Interesse enthält nicht weniger Bestimmungsmöglichkeiten als das von Horkheimer entgegengestellte Polisideal oder das Postulat „gesellschaftlicher Solidarität“. Und diese Interesse ist nicht irrationaler als die ebenfalls zitierte Idee des höchsten Gutes oder das „objektive Ziel der Gesellschaft“. Jedenfalls haben die von Horkheimer erwähnten Aufklärer gerade das Eigeninteresse als höchst vernünftig bezeichnet und im Rahmen einer rationalen Anthropologie zu begründen versucht.21 Dabei gingen die aufklärerischen Philosophen wie selbstverständlich davon aus, , daß auch des Individuum in der Lage ist, sein eigenes privates Interesse zu reflektieren, zu bestimmen und zu beurteilen.

Wenn Horkheimer hingegen der Selbsterhaltung den Status eines „Sinns“ oder „Werts“ kategorisch abspricht,22 so müssen ihn noch andere als die genannten Gründe dazu bewegen, von der Weberschen Vorlage abzuweichen. Diese Vermutung führt zu der Frage, ob dabei nicht umgekehrt der Bereich des Instrumentellen die entscheidende Rolle spielt. Folglich wäre der von Horkheimer beklagte Verlust der Zwecksetzung weniger durch einen historischen Zweckwandel als durch veränderte und expandierte technische und ökonomische Mittel ausgelöst. Max Weber hatte diese Möglichkeit ausgeschlossen und daher Wertrationalität und Zweckrationalität als unversehrte Einheit behandelt. Genau diese Voraussetzung darf nun bei Horkheimer nicht mehr vorausgesetzt werden. An dieser Stelle löst er sich noch konsequenter als bisher von der Position Webers, indem er die Bedeutung des Instrumentellen prinzipiell erweitert. So wird die Instrumentalität als solche zum Problem. Es soll nun geprüft werden, auf welche Weise in der „Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a der Einfluß der Mittel auf die Zwecke so wächst, daß er auf die ursprüngliche Zwecksetzung zurückschlägt.

Instrumentelle Vernunft II: Verkehrung von Zweck und Mittel

Horkheimer geht von der Beobachtung aus, daß im 20. Jahrhundert tendenziell die gesamte Lebenswelt von den technischen und ökonomischen Mitteln beherrscht wird. Kaum eine menschliche Tätigkeit werde von solcherart Technisierung und Kommerzialisierung verschont, nicht einmal Wissenschaft, Kunst, Religion und Philosophie. Unter dem Stichwort „Kulturindustrie“ wird ausführlich beschrieben, wie alle Produkte letztlich in Mittel zum Zweck der Verwertung überführt werden.23

Die theoretische Konsequenz aus solchen Beschreibungen besteht in der These, daß die Zwecke permanent in Mittel umgewandelt werden. Der Mensch versuche, schreibt Horkheimer, „alles in seiner Reichweite in ein (…) Mittel zu verwandeln“. Er kritisiert die „vollständige Transformation der Welt in eine Welt, die mehr eine von Mitteln ist also von Zwecken“, oder radikaler: die „totale Transformation wirklich jedes Seinsbereichs in ein Gebiet von Mitteln“; am Ende steht der „Triumph des Mittels über den Zweck“.24 Instrumentelle Vernunft bedeutet daher auf dieser Ebene die Verkehrung von Zweck und Mittel – eine Verkehrung, die die Vernunft nicht zuletzt an sich selbst erfährt.

John Dewey, nach 1919
William James (1903)
Charles Peirce
Aristo-teles

Vor allem den amerikanischen Pragmatisten Charles Peirce, William James und John Dewey wirft Horkheimer vor, die menschliche Vernunft zu einem bloßen Instrument der Lebenspraxis degradiert zu haben: die Wahrheit von Kunst, Wissenschaft und Philosophie, deren Begriffe und Ideen, überhaupt die Sprache, schließlich auch Liebe und Sinn des Lebens.25 Hinter dieser Kritik steht offenbar die Überzeugung, daß all diese Äußerungen nicht Mittel zum Zweck sein dürfen, sondern wesentlich „um ihrer selbst willen“ existieren sollen. Das gemeinsame Ideal besteht in ausdrücklicher Berufung auf Aristoteles in der „theoretischen Komtemplation„, die ein von der Selbsterhaltung relativ unabhängiges Denken garantieren soll.26

Setzt man diese Grundannahme voraus, wird auch die Kritik an der Zweck-Mittel-Verkehrung verständlich. Denn wenn Horkheimer beklagt, daß ursprüngliche Selbstzwecke in bloße Mittel verwandelt werden, meint er, daß diese Zwecke einem anderen, ihnen wesensfremden Zweck, nämlich der Selbsterhaltung, subsumiert werden. Die erwähnte Verkehrung besteht also in nicht anderem als in einer Vertauschung von Zwecken, d. h. in der Etablierung eines neuen Endzwecks, der die so herabgesetzten Zwecke als seine Mittel betrachtet. Das läuft auf die Vorstellung einer Zweck-Hierarchie hinaus: aus der Perspektive eines obersten Zwecks werden alle untergeordneten Zwecke zu Mitteln dieses übergeordneten Zwecks degradiert. Es handelt sich also lediglich um eine funktionale Umdeutung. Entscheidend ist dabei, welche Ranghöhe die einzelnen Zwecke einnehmen, um gegenüber dem untergeordneten Zweck als Zweck und gegenüber dem übergeordneten Zweck als Mittel zu erscheinen.27

Ein alternatives Modell der Zweck-Mittel-Relation wird ausgerechnet bei John Dewey zu studieren sein, dessen Pragmatismus nach Horkheimer für die totale Instrumentalisierung paradigmatisch sein soll. Dewey zufolge kann der ständige Austausch von Zwecken und Mitteln auch Ausdruck einer planmäßigen Zweckstrategie sein, sofern keine absoluten Endzwecke unterstellt werden, sondern die Zwecke in jeweils konkreten, sich verändernden Situationen gewählt werden.28 Diese Position zeigt meines Erachtens schlagend, daß die Zweck-Mittel-Verkehrung nicht notwendig zum Verlust der Zwecksetzungskompetenz führt, sondern umgekehrt auch die Potenz der menschlichen Zwecke vergrößern kann. Horkheimer kritisiert Deweys zweckstrategisches Programm, interpretiert jedoch auf entgegengesetzte Weise die Instrumentalisierung der Zwecke als deren Vernichtung. Wenn aber die einfache Vertauschung von Zwecken und die Hypostasierung der Selbsterhaltung als Endzweck noch kein hinreichender Grund für die Blindheit und Ohnmacht der Zwecke darstellt, verfolgt Horkheimer offenbar noch eine andere Argumentationsstrategie. Und wenn dabei die technischen Mittel als eigenständige Instanz ins Spiel kommen, bleibt anzunehmen, daß dafür die Mittel als Mittel verantwortlich gemacht werden sollen.

Es ist daher nach jenen Merkmalen Ausschau zu halten, die das Mittel nicht einfach in Zwecke konvertieren lassen, sondern nach jener Besonderheit der Mittel, durch die sie mehr als bloße Zweckrealisatoren und mehr als bloße Teilzwecke sind. Wenn die von Horkheimer bisher kritisierten Formen des Zweckverlustes und der Zweck-Mittel-Verkehrung letztlich in der Eigenständigkeit der Mittel begründet sein sollten, läge in der Lösung dieses Problems der Schlüssel zum Verständnis seiner „Kritik der instrumentellen Vernunft“.

Instrumentelle Vernunft III Verselbständigung der Mittel

Erst auf einer dritten Ebene verläßt Horkheimer radikal die ursprüngliche Zweckperspektive und setzt seine Analyse auf der anderen Seite der Mittel an. Die Transformation der Zwecke in Mittel ist nun nicht mehr allein in der immanenten Logik des zweckrationalen Handelns angelegt sondern eine Folge der Entwicklung der Mittel:

„Die vollständige Transformation der Welt in eine Welt, die mehr eine von Mitteln ist als von Zwecken, ist selbst die Folge der historischen Entwicklung der Produktionsmethoden. Indem die materielle Produktion und soziale Organisation komplizierter und verdinglichter werden, wird es immer schwieriger, die Mittel als solche zu erkennen, da sie die Erscheinung autonomer Wesenheiten annehmen.“29

Die technischen Mittel entfalten nun eine eigene Dynamik, die gewissermaßen von außen die ursprünglichen Zwecke realisiert und einschränkt. Indem sie zu „autonomen Wesenheiten“ werden, setzen sie sich an die Stelle der früheren Vernunftautonomie des Menschen. In letzter Konsequenz verlieren die Mittel dadurch, daß sie die ehemals vernünftigen Zwecke auslöschen und so die Zweck-Mittel-Relation im ganzen zerstören, sogar ihren Mittelcharakter; sie sind – wie es heißt – nicht mehr „als solche zu erkennen“ und daher nicht einmal mehr Mittel.

Dieses Bild vervollständigt sich, indem Horkheimer eine Reihe von Phänomenen beschreibt, die aus der früheren und zeitgenössischen Technikkritik bekannt sind.30 Demnach bleibe den Menschen, die bloße Anhängsel einer allmächtigen Maschinerie geworden seien, nur die Anpassung an die technischen Apparate übrig wie z. B. Fließband und Büromaschine; die Technik habe die Leitung übernommen und setze die menschlichen Zwecke außer Kraft:

„Die Maschine hat den Piloten abgeworfen; sie rast blind in den Raum.“31

Der Begriff instrumentelle Vernunft bedeutet also in diesem Zusammenhang, daß sich die Mittel gegenüber den Zwecken verselbständigen.

Wie grundsätzlich diese Verselbständigung der Mittel gemeint ist, zeigt Horkheimers ergänzender Hinweis, daß es sich nicht erst um ein historisch späteres Phänomen industrieller Gesellschaften handelt, sondern um eine Entwicklung, die bereits in ihren Ursprüngen angelegt ist, solange es überhaupt Mittel gibt.

Verdinglichung ist ein Prozeß, der bis auf die Anfänge der organisierten Gesellschaft und des Gebrauchs von Werkzeugen zurückverfolgt werden kann. Jedoch kam die Überführung aller Produkte der menschlichen Tätigkeit in Waren erst mit dem Aufkommen der industriellen Gesellschaft zustande.“32

Es scheint so, als ob im ersten Werkzeuggebrauch das Modell für alle weiteren Metamorphosen geschaffen worden sei. Hier liegt so etwas wie eine überhistorische Keimform vor, aus der sich alle nachfolgenden Formen instrumentellen Handelns und Denkens entfalten.33

Adam Smith (1787)
Karl Marx

Dieser vertikalen Universalisierung läßt sich auch noch eine horizontale Universalisierung zuordnen, da Horkheimer neben dem Werkzeuggebrauch zugleich auch die Transformation der Arbeitsprodukte in Waren erwähnt.34 Solch en Vorgehen wird nur verständlich, wenn auch die Ware in analoger Weise als ein Mittel gedeutet wird. Folgt man hier Ökonomen wie Adam Smith und Karl Marx, so läßt sich der Wandel der Ware als Gebrauchswert in einen Tauschwert für den Markt in der Weise deuten, daß ein Gegenstand, der ursprünglich für den Zweck der unmittelbaren Konsumtion bestimmt war, in ein Mittel zu einem anderen Zweck verwandelt wird. Die unmittelbare Parallelisierung oder das ständige Oszillieren zwischen Industrialisierung und Kommerzialisierung hat also ihren Grund im instrumentellen Charakter von technischem Arbeitsmittel und ökonomischem Tauschmittel.

Daß Horkheimer die Bereiche Arbeit und Tausch sowohl historisch als auch sachlich generalisiert, ist – auch im Hinblick auf die „Dialektik der Aufklärung“ – oft bemerkt worden.35 Weniger beachtet worden ist jedoch, daß diese Universalisierung einen gemeinsamen Nenner voraussetzt, der in der Eigenschaft des Werkzeugs und der Ware als Mittel zu bestehen scheint. Wenn also die mangelnde Trennschärfe nicht als Unentschiedenheit oder gar als Nachlässigkeit ausgelegt werden darf, so liegt in der Explikation dieses übergreifenden Prinzips die wesentliche Aufgabe der „Kritik der instrumentellen Vernunft“. Im gemeinsamen Mittelcharakter von Werkzeug und Ware glaubt Horkheimer offenbar eine Art transzendentales Prinzip aller Entfremdung gefunden zu haben.36

De genannten drei Bedeutungen der instrumentellen Vernunft bilden in Horkheimers Text eine mehr oder weniger differenzierte Einheit: 1. Verlust der Zwecksetzung, 2. Verkehrung von Zweck und Mittel und 3. Verselbständigung der Mittel. Doch ich habe versucht, zu zeigen, wie erst das letzte Stadium die vorausgehenden Ebenen verständlich werden läßt. Wie anders soll es zu begreifen sein, daß bereits die Vernunft als reine Zweckverwirklichung ihre Kompetenz der Zwecksetzung an die instrumentelle Seite abgegeben hat. Der unterstellte Begriff der Selbsterhaltung vermag diese Reduktion nicht plausibel zu machen, weil zugestanden werden muß, daß auch das bürgerliche Privatinteresse prinzipiell einer rationalen Bestimmung zugänglich sein kann. Auch die Verkehrung von Zweck und Mittel in dem Sinne, daß die Selbsterhaltung sich zum Endzweck aufschwingt und die früheren Selbstzwecke zu Mitteln degradiert, bedeutet – wie das Gegenbeispiel Dewey zeigen wird – nicht zwangsläufig einen Verlust der Zwecksetzungskompetenz. Diese Argumentation setzt also schon zu Beginn die Annahme voraus, daß die Mittel ein Moment der Verselbständigung und Vernichtung in sich tragen: Sobald sich die Zwecke überhaupt auf die ihnen komplementären Mittel einlassen, werden sie von diesen beherrscht und letztlich ausgelöscht, und sobald die Mittel überhaupt in Funktion treten, verselbständigen sie sich und kehren sich gegen ihre ursprünglichen Zwecke.

Imma-nuel Kant

Die Tatsache, daß Horkheimer dennoch am Weberschen Modell zweckrationalen Handelns festhält und die Beziehung zur kritisierten Instrumentalität in der Schwebe hält, zeigt indessen, wie sehr er sich – und sei es nur in der Utopie – an der traditionellen Idee einer autonomen Zwecksetzung orientiert. Darauf verweist auch die angedeutete Alternative eines „besseren Gebrauchs“ von Wissenschaft und Technik.37 Letztlich versucht Horkheimer, die subjektive Zwecksetzung zu rehabilitieren und gegen die „scheinbare“ Selbständigkeit der Mittel die ethische Position Kants aufzubieten. Darin besteht Horkheimers versteckter Kantianismus. Er gehört bereits zum Programm seiner Habilitationsschrift „Über Kants Kritik der Urteilskraft als Bindeglied zwischen theoretischer und praktischer Philosophie“. 38 Und darauf spielt auch der spätere Titel „Kritik der instrumentellen Vernunft“ an. Dieser Boden wird nun von Hannah Arendt und Günter Anders verlassen.

Fußnoten / Literaturangaben

Max Sche-ler
Lud-wig Klages

1 „Der Mensch und die Technik“ 19311a, 75.
1a Spengler, Oswald: Der Mensch und die Technik. Beitrag zu einer Philosophie des Lebens. München 1931.
2 „Zur Philosophie der Technik“ 1929/302a, 196.
2a Freyer, Hans: Zur Philosophie der Technik. In: Blätter für deutsche Philosophie 3, 1929/30, 192 ff.
3 „Die Perfektion der Technik“ (geschrieben 1939) 19683a, 39.
3a Jünger, Georg Friedrich: Die Perfektion der Technik. Frankfurt/M. 1968.
4 „Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation“, Gesammelte Aufsätze 19654a, 439 ff. – Wie verbreitet dieses Theorem auch sein mag, so darf es doch nicht mit Technikkritik überhaupt identifiziert werden. Viele Philosophen dieser Periode kritisieren die Technik, ohne die sogenannte Eigendynamik der Mittel zu thematisieren. Teilweise geschieht das sogar in expliziter Abgrenzung von diesem Aspekt. – Ludwig Klages will die Maschine nur nach der Bedeutung „im Dienste eines Zwecks“ beurteilen; „Mensch und Erde“, 19294b, 28. – Max Scheler betont bei aller kritischen Haltung gegenüber der Technik das Primat des Ziels, des Plans oder des Entwurfs; „Die Wissensform und die Gesellschaft“, 19264c, 142 ff. –

Gün-ter Ropohl
Rolf Peter Siefer-le
Fried-rich Des-sauer
Otto Ull-rich
Hans Lenk

Bereits Friedrich Dessauer distanziert sich von dieser Position, allerdings in apologetischer Absicht: „Die übliche Haltung gegenüber ihrem (der Technik J. R.) Wirken räsoniert etwa: sie versklave den Menschen“; „Philosophie der Technik“ 19274d, 8 ff., 21 ff.; „Streit um die Technik“ 19564e, 144 f. – Zur Kritik dieser technikkritischen Strömungen vgl. insbes. Lenk 19734f, 9 ff.; Ullrich, 19774g, 26 ff.; Storck 19774h, 80 ff.; Sieferle 19844i, 155 ff.; Ropohl 19854j, 21 ff.
4a Schelsky, Helmut: Auf der Suche nach Wirklichkeit. Gesammelte Aufsätze. Düsseldorf, Köln 1965.
4b Klages, Ludwig: Mensch und Erde. Jena 1929.
4c Scheler, Max: Die Wissensformen und die Gesellschaft. Leipzig 1926.
4d Dessauer, Friedrich: Philosophie der Technik. Das Problem der Realisierung. Bonn 1927.
4e Dessauer, Friedrich: Streit um die Technik Frankfurt/M. 1956.
4f Lenk, Hans: „Technokratie“ als gesellschaftskritisches Klischee. In: Technokratie als Ideologie. Hrsg. v. Hans Lenk. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1973, 9 ff.
4g Ullrich, Otto: Technik und Herrschaft. Vom Hand-Werk zur verdinglichten Blockstruktur industrieller Produktion. Frankfurt/M. 1977;
4h Storck, Heinrich: Einführung in die Philosophie der Technik. Darmstadt 1977.
4i Sieferle, Rolf Peter: Fortschrittsfeinde? Opposition gegen Technik und Industrie von der Romantik bis zur Gegenwart. München 1984.
4j Ropohl, Jürgen: Die unvollkommene Technik. Frankfurt/M. 1985.

Martin Jay
Helmut Dubiel
Anthony Heilbut
Rolf Wiggers-haus

5 Dubiels 19785a grundlegende Studie vernachlässigt allerdings die spezifischen Erfahrungen im amerikanischen Exil. – Dazu Jay 19735b, 1985 und 1983, 345 ff.; Heilbut 19835c; Wiggershaus 19865d, 171 f. – Die Rezeptionsgeschichte des amerikanische Pragmatismus, insbesondere durch Horkheimer, ist bisher kaum untersucht worden.
5a Dubiel, Helmut: Wissenschaftsorganisation und politische Erfahrung. Studien zur frühen kritischen Theorie. Frankfurt/M. 1978.
5b Jay, Martin: The Dialectical Imagination. A History of the Frankfurt School and the Institution of Social Research 1923-1950. Boston, Toronto 1973.
5c Heilbut, Anthony: Exils in Paradise: German Refugees, Artists and Intellectuals in America from the 1930’s to the Present, New York 1983.
5d Wiggershaus, Rolf: Die Frankfurter Schule. Geschichte, theoretische Entwicklung, politische Bedeutung. München, Wien 1986.

Liese-lotte Stein-brügge
Gunzelin Schmid Noerr
Alfred Schmidt 2011

6 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“, Bd. 66a, 136. – Unter dem Titel „Pilotinnen gesucht“, behandelt Steinbrügge 1992 die geschlechtsspezifische Problematik der instrumentellen Vernunft, 573 ff.
6a Horkheimer, Max: Gesammelte Schriften. Hrsg. v. Alfred Schmidt u. Gunzelin Schmid Noerr. 14 Bde. Frankfurt/M. 1987.
7 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“, [Bd. 6]6a, 42, 44. – Der Begriff instrumentelle Vernunft hat sich in Abweichung vom Originaltitel „Eclipse of Reason“ eher durch Alfred Schmidts freie Übersetzung eingebürgert.
8 Der Bezug zu Weber findet sich – mit einer gewissen Distanz – gleich in der 1. Anmerkung; ebd.[Bd. 6]6a, 17. – Zugleich grenzt sich Horkheimer von Marx ab, indem er nicht mehr allein die menschliche Arbeit als Naturbeherrschung zwangsläufig in die totale Herrschaft über die Natur und den Menschen einmünde. Daher ist die Frankfurter Schule zu Recht auch als „negativer Marxismus“ bezeichnet worden. – „Dialektik der Aufklärung“, Horkheimer, Gesammelte Schriften6a, Bd. 5, 25 ff. – Brunkhorst 19878a, 172 ff.; Zill 19908b, 375 ff.

Heinz Kim-merle
Hauke Brunk-horst
Willem van Reijen
Rüdiger Zill

8a Brunkhorst, Hauke: Die Welt als Beute. Rationalismus und Vernunft in der Geschichte. In: Vierzig Jahre Flaschenpost: ‚Dialektik der Aufklärung‘ 1947 bis 1987. Hrsg. v. Willem van Reijen u. Gunzelin Schmid Noerr, Frankfurt/M. 1987, 154 ff.
8b Zill, Rüdiger: Versöhnung als Beherrschung. Zur Entwicklung des Naturbegriffs bei Max Horkheimer. In: Hegel-Jahrbuch 1990. Hrsg. v. Heinz Kimmerle, Wolfgang Levévre u. Rudolf Meyer, Bochum 1990, 375 ff.

Jürgen Haber-mas
Wolfgang Schluchter
Johannes Winckel-mann
Christoph Hubig

9 „Wirtschaft und Gesellschaft“9a, 18. – Ich orientierte mich im folgenden zunächst an den Begriffserklärungen von Habermas 19819b, Bd. I, 239 ff. und Thyen 19899c, 51 ff.; ebenso Schluchter 19809d, 12 ff.
9a Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Köln 1964.
9b Habermas, Jürgen: Die Moderne – ein unvollendetes Projekt. In: Jürgen Habermas: Kleine politische Schriften I-IV. Frankfurt/M. 1981, 444 ff.
9c Thyen, Anke: Negative Dialektik und Erfahrung. Zur Rationalität des Nichtidentischen bei Adorno, Frankfurt/M. 1989.
9d Schluchter, Wolfgang: Rationalismus der Weltbeherrschung. Studien zu Max Weber. Frankfurt/M. 1980.
10 „Wirtschaft und Gesellschaft“9a, 18.
11 Ebd.9a, 18.
12 „Methodologische Schriften“12a, 265.
12a Weber, Max: Methodologische Schriften. Hrsg. v. Johannes Winckelmann. Frankfurt/M. 1968.
13 Habermas 19819b konstatiert lediglich die Identität, ohne diese weiter zu problematisieren: „Horkheimer setzt Zweckrationalität mit ‚instrumenteller Vernunft‘ gleich.“ Bd. 1, 462. –
Thyen 19899c stellt den Autoren der „Dialektik der Aufklärung“ die eigentlichen Pole „Zweckrationalität und instrumentelle Rationalität“ gegenüber, umgeht jedoch eher das Problem, warum Horkheimer eben gerade Zweckrationalität und instrumentelle Rationalität zunächst identifiziert, um daraus dann einen Gegensatz abzuleiten. Dieser Aspekt taucht am Ende beiläufig auf: „Die Folgen möglichen Handelns geraten erst dort aus dem Blick, wo verabsolutierte Instrumentalität der Eigenlogik von Mitteln folgt.“ 235, vgl. 223 ff. –
In ähnlicher Weise behauptet Hubig 198113a, die instrumentelle Vernunft sei in Wahrheit zweckrationale Vernunft und als solche eine Art von Wertrationalität, während die davon zu unterscheidende „Instrumentalität als reduzierte oder gar umgekehrte Zweckrationalität“ anzusehen sei; 198513b/133. Oder er charakterisiert die instrumentelle Vernunft als „verabsolutierte Rationalität der Mittel“; 198113a, 165.
13a Hubig, Christoph: Instrumentelle Vernunft und Wertrationalität. Von der Unterscheidung Praxis-Poiesis zur falschen Alternative in der Gegenwart. In: Naturverständnis und Naturverstehen. Hrsg. v. Friedrich Rapp, München 1981, 161 ff.
13b Hubig, Christoph: Handlung – Identität – Verstehen. Von der Handlungstheorie zur Geisteswissenschaft. Weinheim, Basel 1985.

Axel Honneth
Herbert Marcuse
Dieter Birn-bacher

14 Das Hauptproblem der kommentierenden Literatur scheint mir in der Tat darin zu liegen, daß die Relation von Zweckrationalität und Instrumentalität bisher nur unter den beiden ersten von mir genannten Gesichtspunkten betrachtet wird, ohne auch hier eine systematische Unterscheidung zu treffen, und daß der davon zu unterscheidende dritte Aspekt unbeachtet bleibt. Das führt meines Erachtens zu dem bis heute üblichen synonymen Gebrauch von zweckrationalem und instrumentellem Handeln. Siehe Habermas 19819b, Bd. I, 505 ff.; Hubig 198113a, 161 ff.; Thyen 19899c, 223 ff. – Vgl. dazu auch Honneth 198614a, 49, 54; Schmid Noerr 199014b, 60 ff.; Birnbacher 199114c, 609.
14a Honneth, Axel: Kritik der Macht, Frankfurt/M. 1986.
14b Schmid Noerr, Gunzelin: Das Eingedenken der Natur im Subjekt. Zur Dialektik von Vernunft und Natur in der Kritischen Theorie Horkheimers, Adornos und Marcuses. Darmstadt 1990.
14c Birnbacher, Dieter: Technik. In: Philosophie. Ein Grundkurs. Hrsg. v. Ekkehard Martens u. Herbert Schnädelbach. Reinbek 1991, Bd. 2, 660 ff.
15 „Zur Kritik der Instrumentellen Vernunft“, 29 [Bd. 6]6a.
16 Ebd. [Bd. 6]6a, 56. – Ganz ähnlich argumentiert Horkheimer bereits in „Vernunft und Selbsterhaltung“: die „instrumentale Bedeutung“ der Vernunft zeigt sich in ihrem „zweckgerichteten Verhalten“; Ges. Schr.6a Bd. 5, 323.

Sokra-tes
Platon-porträt

17 „Zur Kritik der Instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 27 ff. – Wie sich in Kap. 1 2 zeigte, ist bereits diese Vorannahme in solcher Allgemeinheit problematisch, weil sich zwar Platon (erwähnt wird Sokrates) vorwiegend um eine vernunftgeleitete Zielbestimmung bemühte, aber Aristoteles die vernünftige Überlegung nur auf die Wahl der angemessenen Mittel bezog und ausdrücklich nicht auf die Zweckwahl.

Claude Adrien Helvé-tius
Barón d’Hol-bach
Niklas Luhmann

18 „Vernunft und Selbsterhaltung“16, 323 ff. – Die scheinbare Beliebigkeit der Zwecke, denen die neuzeitliche Vernunft zu dienen imstande ist, bestätigt nach Horkheimer, daß sie beliebigen Zwecken eines Individuums, also letztlich nur dessen einzigen Zweck der Selbsterhaltung diene. Wie Horkheimer weiter argumentiert, stehe dahinter die physische „Not“ der unteren Klassen, die zur puren Selbsterhaltung gezwungen seien. Und insofern als die herrschende Klasse dieser Not enthoben sei, zwinge sie diese Gefahr, ihre privilegierte Stellung zu verlieren und der Not wieder ausgesetzt zu sein, zur unbedingten Erhaltung der Macht Ebd. 326.
19 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 33.
20 Ebd., 28.
21 Ebd., 28, 176. – Vor allem Hobbes, Hume, Adam Smith, Helvetius, Holbach. – Bezeichnenderweise erkannte Hume gerade umgekehrt in der unmittelbaren Parteinahme für das gesellschaftliche Allgemeinwohl, im moralischen Gefühl oder in der Sympathie, das Problem einer rationalen Begründung und ließ an dieser Stelle Skepsis walten. Vgl. Rohbeck 197821a, 139 ff.; siehe Kapitel II 5.
21a Rohbeck, Johannes: Egoismus und Sympathie. Davis Humes Gesellschafts- und Erkenntnistheorie. Frankfurt/M. 1978.
22 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 43 f., 54 f.
23 Vgl. den Anhang „Kulturindustrie, Aufklärung als Massenbetrug“, in: „Dialektik der Aufklärung“, Ges. Schriften6a, Bd. 5, 144 ff.
24 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 113, 106, 64.
25 Ebd., 43 ff. – Zu den Vorwürfen gegen die amerikanischen Pragmatisten: ebd., 60 ff.
26 Ebd., 114.
27 Die systematische Erörterung dieses Problems folgt in Kap. VI 2 [d. vorl. Buches – Anm. d. Publ.], wo auch nicht einmal auf Horkheimer Bezug genommen wird.
28 Siehe Kap. V 1 [d. vorl. Buches – Anm. d. Publ.]. – Vgl. auch Luhmann, der sich an Dewey orientiert, jedoch andere Konsequenzen zieht: „Zweckbegriff und Systemrationalität28a, 45, 47, 53; Kap. V 2.
28a Luhmann, Niklas: Zweckbegriff und Systemrationalität. Über die Funktion von Zwecken in sozialen Systemen. Frankfurt/M. 1973.
29 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 113.
30 Siehe die zu Beginn dieses Abschnitts erwähnten Autoren Spengler, Freyer, Jünger, Klages, Scheler.
31 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 136; vgl. 44, 68, 110; siehe auch „Vernunft und Selbsterhaltung“16, 327, 337; „Dialektik der Aufklärung“ [Horkheimer, Gesammelte Schriften6a, Bd. 5], 53.
32 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 59.
33 Für diese Lesart spricht auch, daß Horkheimer (an anderen Stellen) den Begriff Werkzeug in einem ungewöhnlich weiten Bedeutungsumfang verwendet und auf geistige Tätigkeiten und Resultate wie Denken, Sprache, Begriffe, Logik und Wissenschaft ausdehnt. In der Rede von den Begriffen als „arbeitsparende Mittel“ wird über die metaphorische Ausdrucksweise hinaus der genetische Zusammenhang von materieller und geistiger Arbeit hervorgehoben, deren gemeinsames Merkmal der Werkzeuggebrauch sei. Ebd., 42 ff., 113; vgl. „Vernunft und Selbsterhaltung“16, 322 f., 327.
34 In „Vernunft und Selbsterhaltung“16 (327, 339; und noch in „Autoritärer Staat“) stand eher die Kritik an der bestimmten Gesellschaftsform des Monopolkapitalismus im Vordergrund. Zwar bleiben auch dort die technische und ökonomische Seite unscharf, aber es wird erst ein konretes Studium der Verselbständigung der Mittel für das Verschwinden der Zwecke verantwortlich gemacht.
35 Schmucker 197735a, 105 ff.; Habermas 19819b, Bd. 1, 506 f.
35a Schmucker, Joseph F.: Adorno – Logik des Zerfalls. Stuttgart-Bad Cannstatt 1977.

Lukács

36 Dieser Zusammenhang bestätigt sich nicht zuletzt in der kategoriellen Fassung dieses Problems. Bekanntlich werden sowohl die Verkehrung von Zweck und Mittel als auch die Verselbständigung der Mittel nach dem Vorbild der Marxschen Warenanalyse begriffen: Wie sich die Mittel in „autonome Wesenheiten“ verwandeln, so wird die instrumentelle Vernunft selbst zu einer „magischen Wesenheit“ oder zu einem „Fetisch“. Horkheimer überträgt also das Modell des Warenfetisch auf die Mittel der Technik; er überträgt damit ein Modell aus der „Kritik der politischen Ökonomie“ auf den Gegenstand der Naturbearbeitung. Dazu gehört auch der von Lukács entlehnte Begriff der Verdinglichung, der diese Kategorie des Fetischcharakters der Ware auf alle Lebensbereiche einschließlich der menschlichen Arbeit anwendbar machen soll. – „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“[Bd. 6]6a, 337. – Zur folgenden Kritik siehe vor allem Habermas 19819b, Bd. 1, 474 ff., 505 f.
37 „Zur Kritik der instrumentellen Vernunft“ [Bd. 6]6a, 75.
38 Horkheimer, Ges. Schriften.6a Bd. 2, 75 ff., insbes. 145 f.

Johannes Rohbeck

x

(Johannes Rohbeck: Technologische Urteilskraft – Zu einer Ethik technischen Handelns, Frankfurt am Main 1993, S. 122-141)

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